Gegenwart: Eine Illusion

gegenwart

Du teilst  die Zeit in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ein. Das sind die Konzepte, auf denen unsere Gesellschaft aufgebaut ist. Das Problem dabei: Diese Konzepte sind falsch. Denn Zeit ist

  1. extrem subjektiv und
  2.  schlicht nicht existent.

Wenn du aber trotzdem  den Faktor einer Zeit ins Spiel bringen musst, reduziert sich das Ganze auf eines: Vergangenheit. Alles ist Vergangenheit. Nichts von dem, was du wahrnimmst ist Gegenwart! Denn die Gegenwart ist ein Konzept, das Bewegung nicht zulässt und Stillstand bedeutet. „Lebe in der Gegenwart, nicht in der Vergangenheit“ ist ein viel strapazierter Satz. Was natürlich esoterischer Unsinn ist, da es Gegenwart nicht gibt und du IMMER in der Vergangenheit lebst, mit allem, was dich ausmacht.

Warum ist das so? Abseits der esoterischen Konzepte gibt es natürlich auch Exoterische: Physik und Biologie. Und diese erklären recht einfach, warum das so ist.

Aus biologischer Sicht

Unser Sehsinn besteht aus drei Teilen: Dem Auge, dem Sehnerv und dem Sehzentrum. Das Auge ist ein biologischer Photorezeptor, der nichts weiter tut, als elektromagnetische Schwingungen bestimmter Wellenlängen (beim Menschen zwischen 380nm und 780nm) in Strom umzuwandeln. Dieser Strom wird über den Sehnerv direkt in das Sehzentrum im Gehirn weitergeleitet.

Bis hierhin ist es nichts weiter als ein elektromagnetischer Impuls, reine binäre Daten. Damit wir jedoch mit unserer Umgebung interagieren können, erstellt das Gehirn aus den Daten, die es empfängt, ein „Bild“ und Farben. Dabei spielen die Erfahrungen, die du bisher gemacht hast, eine essentielle Rolle. Denn dein Gehirn ist „faul“ und will nicht jedes Mal Energie verschwenden, um ein Bild neu zu berechnen. Daher verwendet es etwas, das man beim Computer „Cache“ nennt.

Dieser Cache sorgt beim Surfen im Internet dafür, dass Webseiten schneller aufgebaut werden, weil die Bilder, die schon einmal angeschaut wurden, auf dem Computer lokal gespeichert werden. Beim erneuten Laden der Webseite werden die Bilder dann nicht mehr heruntergeladen, sondern direkt vom Computer geholt. Dies geht enorm schneller.

Auf exakt dieselbe Art und Weise arbeitet dein Sehzentrum. Etwas, das du schon einmal gesehen hast, wird in deinem Speicher („Gedächtnis“) abgelegt, um es bei Bedarf erneut aufrufen zu können. Auf diese Art und Weise arbeitet dein Sehzentrum unglaublich schnell und effizient.
Soweit die Biologie.

Aus physikalischer Sicht

Bringst du nun die physikalischen Grundlagen des Ganzen noch ins Spiel, merkst du schnell, warum es die Gegenwart nicht gibt:
Die Photonen, die dein Auge erreichen, werden von Objekten reflektiert, die zuvor von einer Lichtquelle angestrahlt wurden. Je weiter das Objekt weg ist, desto länger braucht das Photon zu deinem Auge. Von der Sonne bis zu unserem Auge z.B. etwa 8 Minuten. Das Bild der Sonne ist also 8 Minuten alt.

Dinge, die näher sind, werden natürlich schneller erfasst. Aber sobald das Photon deine Rezeptoren erreicht hat, müssen diese erst einmal mittels eines chemischen Prozesses Elektronen produzieren. Das dauert in der Regel 50 Millisekunden (0,05 Sekunden).

Diese Elektronen werden dann über den Sehnerv ins Sehzentrum geleitet. Das dauert ebenfalls seine Zeit, normalerweise etwa 100 Millisekunden (0,1 Sekunden). Somit sind schon 0,15 Sekunden vergangen. Nun erreicht das Datenpaket das Sehzentrum. Dieses gleicht die Daten mit dem Gedächtnis ab, um sie zu interpretieren. Das dauert wiederum fast 0,5 Sekunden. Es sind also schon 0,65 Sekunden vergangen.

Nun entscheidet dein Gehirn, ob die Daten relevant sind oder nicht. Sind sie relevant (Gefahr droht oder eine Aktion ist nötig), so werden Anweisungen an den Hypothalamus gesendet, damit diese Drüse das endokrine System ansteuert. Über Hormonausschüttung und gezielter Ansteuerung von Muskeln wird nun eine Reaktion eingeleitet. Sobald die Reaktion erfolgt ist, gelangt das Feedback zurück in dein Gehirn. Bis jetzt sind etwa 1.5 Sekunden vergangen. Doch noch immer hast du nicht begriffen, was passiert ist, denn bis hierhin ist das Bewusstsein nicht mit an Bord!

Dein Gehirn verarbeitet nun das Feedback und speichert das Ergebnis. Erst JETZT gelangt das Ergebnis ans Bewusstsein und du merkst, was passiert ist. Bis hierhin sind bereits bis zu 2 Sekunden vergangen! Dein Unterbewusstsein hat deinen Körper schon zu tausenden Aktionen befähigt, bevor du dies überhaupt gemerkt hast. Du bist gerade noch so zurück auf den Gehweg gehüpft, bevor dich das Auto erfasst hat. Und erst jetzt siehst du das Auto, das aber schon fast an dir vorbei sein kann denn in 2 Sekunden kann viel passieren. „Du“ (dein Bewusstsein) bist daran nicht beteiligt. Dein Körper reagiert ganz von selbst, ohne dein Zutun. Du bist nur Zuschauer.

Somit wird schnell klar, dass alles, was du bewusst wahrnimmst, bereits bis zu 2 Sekunden vergangen ist. Da dein Körper und (fast) alle deine Sensoren (Sinne) auf diese Weise funktionieren, kann es niemals eine Gegenwart für dich geben, denn diese ist bereits vorbei, sobald sie begonnen hat.

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