Marienkäfer Erklärung

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In einem fernen Land begannen eines Tages die Marienkäfer auszusterben. Niemand wusste so recht, warum. Vielleicht enthielt die Blattlausmilch, von der sie sich ernährten, zu viele Schadstoffe. Vielleicht nahm ihnen der saure Regen die Lust an der Fortpflanzung. Oder vielleicht waren sie mehrheitlich zu der Überzeugung gekommen, dass die Zeiten zu schlecht sind, um Marienkäfer in die Welt zu setzen.

Zuerst bemerkten nur wenige Experten, dass die Marienkäfer immer weniger wurden. Aber schon nach einigen Jahren berief der Bund Naturschutz in jenem fernen Land die erste Pressekonferenz ein. In deren Verlauf setzte der Vorsitzende einen Marienkäfer feierlich auf die Robinson Liste. Da er für diesen Zweck keinen Lebenden mehr gefunden hatte, nahm  er einen aus Plastik.

Die Journalisten berichteten ausführlich über diese Konferenz. Und der Erfolg war, dass je ein Parlamentarier aus jeder Partei schon am nächsten Morgen eine Dringlichkeitsanfrage an die Regierung jenes Landes richtete. Die Regierung wurde aufgefordert Rechenschaft darüber abzulegen, was sie bisher zur Erhaltung des Marienkäfers getan habe. Ja, und was sie künftig zu tun gedenke.

Der Käfer-Minister hielt eine lange Rede, in der er  darlegte, wie schwer es sei, konkrete Maßnahmen zu ergreifen … vor allem, weil man gar nicht genau wisse, worauf das Marienkäfer-Sterben zurückzuführen sei. Er regte aber an, dass das Parlament ein Gesetz erlassen solle, dass bis zum 31. Dezember des Jahres vorsichtshalber alle Blattläuse chemisch gereinigt werden müssen. Bis dahin werde es zwar keine Marienkäfer mehr geben, aber man wolle immerhin nichts unversucht lassen, um das Problem in den Griff zu bekommen

Marienkäfer Politik!

Als die Bewohner jenes fernen Landes die Rede des Ministers in der Tagesschau verfolgten, wurden sie alle sehr traurig. Jeder fragte sich verzweifelt, was er denn tun könne,  um die Marienkäfer vor dem Aussterben zu retten. Nach langer Zeit der Unsicherheit hatte ein Journalist eine absolut geniale Idee: Er erfand die Marienkäferhilfe-Erklärung.

Sie lautete schlicht und einfach: „Ich bin über das Aussterben der Marienkäfer sehr besorgt und protestiere gegen die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen. Ich fordere die für diesen Raum zuständigen Politiker hiermit nachdrücklich auf, den Fragen des Marienkäferschutzes besonderen Vorrang einzuräumen und sofort wirksame Maßnahmen einzuleiten.

Die Bürger stürzten sich auf diese Erklärung. Täglich setzten Tausende ihren Namen darunter und schickten sie an die Sammelstelle. Die Portoeinnahmen der Post verdoppelten sich innerhalb weniger Wochen, die Email-Server gingen in die Knie, und das Gebäude der Sammelstelle musste mehrmals erweitert werden.

Jeden, der die Erklärung unterschrieben hatte, durchströmte ein vorher nie gekanntes Glücksgefühl: Endlich hatte er seinen ganz privaten persönlichen Beitrag zur Bekämpfung des Marienkäfersterbens geleistet: Er konnte sich ohne jedes schlechte Gewissen wieder ganz persönlichen Alltagsproblemen zuwenden und die Marienkäfer ein für alle Mal gründlich vergessen.

Dies ist nur einer von vielen absolut lesenswerten Essays aus diesem WUNDERbaren Buch:

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2 Gedanken zu „Marienkäfer Erklärung“

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