Moby Dick damals in Deutschland

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Kannst du dir vorstellen, dass es eine Wal-Familie gab, die eines ihrer Mitglieder auf eine gefährliche Mission schickte? Ich meine jetzt keinen Fantasy-Roman, sondern die Realität … die sich sogar hier in Deutschland abspielte. Dies ist die unglaubliche – und doch wahre! – Geschichte von Moby Dick in Deutschland.

Manche Tiere sind wirklich sehr geheimnisvoll! Und behalte bitte auch im Hinterkopf: US-Forscher nahmen mit Kollegen aus Hawaii Walgesänge mit einer speziellen Computer-Software auf, um sie zu analysieren. Dabei fanden sie Elemente wie Wörter und Sätze in menschlichen Sprachen!

Wir schreiben das Jahr 1966. Von „Umwelt“-Schutz, wie du ihn heute verstehst, war damals noch keine Rede. Sämtliche Flüsse Deutschlands waren verdreckt, von Industrieabfällen verseucht, denn Filter waren zu jener Zeit des „Wirtschaftswunders“ noch absolute Zukunftsmusik. Alles war auf maximalen Profit geeicht, und die Natur hatte das Nachsehen. In den Flüssen jener Zeit konnte kein Leben mehr existieren.

In dieser Situation meldete die Besatzung eines Tankschiffs in der Nähe von Duisburg, sie hätte  einen weißen Wal gesehen. Die Wasserschutzpolizei griff sich diese Männer und zwang sie zunächst einmal zu einem Alkoholtest. Der war negativ, und so musste sich die Wasserschutzpolizei wohl oder übel selbst auf die Suche machen. Kurz darauf sichteten die Beamten selber dieses Tier, das für unsere Breiten doch sehr ungewöhnlich ist.

Es war natürlich kein Wal wie in Melvilles „Moby Dick“ beschrieben, sondern nur ein Beluga und nur circa vier Meter lang. Der Chef der Wasserschutzpolizei musste die ungewöhnliche Sichtung seinen Vorgesetzten im Innenministerium melden und wurde dort natürlich ebenfalls für verrückt oder doch zumindest betrunken erklärt.

Wie es der Zufall wollte, erfuhr der Direktor des Duisburger Zoos von dem ungewöhnlichen Besuch im Rhein. Er wusste, dass der Beluga eigentlich zu einem englischen Zoo transportiert werden sollte. Irgendwie war er von seinem Frachtschiff entkommen und hatte sich aus unerfindlichen Gründen auf den Weg nach Deutschland gemacht.

Denn es war mysteriös: Belugas schwimmen sehr gern an der flacheren Küste entlang. Aber dieses Exemplar nahm sich die Rheinmündung vor und schwamm immer weiter den Fluss hinauf. Das ging  dem Ordnungssinn des Zoodirektors natürlich gegen den Strich. Und er träumte davon, diesen Besuchermagneten für seinen eigenen  Tier-Knast zu haben.

Nomen est Omen!

Bei diesem Mann siehst du erneut den Zufall am Werk. Denn sein Name war „Gewalt“, Doktor Gewalt. Er  scheute weder Kosten noch Mühen und schickte ganze Mannschaften von Experten mit Schnellbooten und bewaffnet mit Netzen, Stangen und natürlich Betäubungsgewehren dem Beluga hinterher.

Aber da hatte er die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Wo immer sie ihn aufspüren wollten, er war schon wieder ganz woanders. Die Jagd ging natürlich durch die deutsche Presse, und im deutschen Michel erwachte die Tierliebe. So musste sich der Herr Zoodirektor Gewalt schweren Herzens dazu entschließen die Jagd zu beenden, wollte er doch nicht noch mehr Image einbüßen.

Der inzwischen berühmte Beluga wurde in Deutschland „Moby Dick“ genannt und in den Niederlanden „Willi de Waal“. Dort tauchte er nämlich ebenfalls auf. Vielleicht wusste er, dass er dort nicht gejagt wird? Wenn, dann war es ein weiteres Mysterium, dass er nicht in diesen sicheren Gewässern blieb, sondern sich auf den Weg zurück ins gefährliche Deutschland machte.

Moby Dick & seine Mission

Billige Moby Dick für einen Moment zu, einen echten Plan gehabt zu haben. Denn eben zu dieser Zeit fand in Bonn eine große Bundespressekonferenz zur Politik der Nato statt. Dort wurde er nämlich von hunderten Politikern, wichtigen Entscheidungsträgern und Journalisten  weit verbreiteter Blätter gesehen. Und seine Geschichte ging um die Welt.

Aus unbekannten Gründen schwamm er dann noch zehn Kilometer weiter bis zum Rolandseck, wo er umkehrte. Wenige Tage später sichtete man ihn an der holländischen Küste. Und einen Monat nach seinem ersten Auftauchen verschwand er im offenen Meer.

Und nicht nur, dass dieser tierische Held den Doktor Gewalt, seines Zeichens Direktor des Duisburger Zoos, bis auf die Knochen blamierte. Nein, sein Erscheinen läutete in Deutschland auch ein radikales Umdenken ein. Denn es dauerte nicht mehr lange, und die ersten „Umwelt“- und Tierschutzbewegungen wurden gegründet.

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