War Jesus verheiratet?

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Diese Frage zu stellen war vor hundert Jahren noch ein Sakrileg. Für viele ist es das heute noch. Andererseits ist auch von den Dogmatikern unbestritten, dass Jesus ein Jude war. Von seinen Jüngern wurde er oft Rabbi genannt. Nun ist aber ein Rabbiner nach jüdischer Lehre verpflichtet, verheiratet zu sein. Wenn er seine Anhänger lehren wollte, war das Verheiratetsein eine Voraussetzung. Er predigte ja nicht gegen die Thora, sondern gegen die Haltung der Priesterkaste.

Wenn man die apokryphen Evangelien, die auch von gläubigen Christen geschrieben wurden, und vor allem das Evangelium der Maria (von Magdala), aufmerksam liest, wird klar, mit wem Jesus verheiratet war. Ein starkes Zeichen ist sogar im neuen Testament zu lesen. Es ist die Szene, als Maria das Grab leer findet. Interessant ist auch die Verehrung, die sie in Südfrankreich erhält. Meine private Überzeugung lautet daher: Jesus und Maria Magdalena waren ein Paar.

Und: Jesus und seine Eltern waren jüdisch. Das abzustreiten, wäre Ignoranz. Jesus war ein Mensch aus Fleisch und Blut. Warum sollte er Liebe zwischen den Menschen lehren und dabei selbst nicht lieben? In diesem Fall auch eine Frau? Warum sollte Jesus keine eigene Familie gehabt haben? Weil es dem Patriachat nicht gefällt? Darf ein Heiliger oder Erleuchteter keine Familie haben, obwohl er aus einer Familie stammt?

Weihnachten feiern wir das Fest der Liebe. Anlass ist die Geburt von Jesus, dessen Hauptziel es war, die Menschen auf den Weg der Liebe zu führen. Natürlich sprach er im Rahmen des damaligen Weltbildes und des damaligen Gottesbegriffs, aber er nannte sich nie Gott, sondern „Sohn Gottes“ und seine Zuhörer „Kinder Gottes“. Was daraus entstand, zeigt die Geschichte und vor allem die Kirchengeschichte.

Der erste mir bekannte Theologe, der das Göttliche in einem anderen Bild sah, war Meister Eckhard. Er vertrat die Auffassung, dass „Gott“ eine nonduale, eine unteilbare Wesenheit sein müsse und demzufolge die „göttliche Trinität“ falsch sei. Er hatte Glück, dass er vor seinem Prozess starb.

In der heutigen Zeit sehe ich den Jesuiten und Mystiker Teilhard de Chardin. Er nennt das Göttliche den „Omegapunkt der absoluten und unendlichen Liebe„. Seine Bücher landeten auf dem Index des Vatikans, und er erhielt kirchliches Lehrverbot. Denn solche Überlegungen stellen natürlich das dogmatische Glaubenkonstrukt der Kirche in Frage. Anderseits zeigt das heutige Wissen um die Größe des Universums, dass es nicht nur eine materielle, sondern auch eine geistige Komponente beinhaltet, und dass eine personalisierte „Gottheit“ – noch dazu als Trinität – falsch ist.

Unsere spirituellen Erfahrungen beruhen auf dem Wechselspiel zwischen dem geistigem und dem materiellen Bereich der Schöpfung. Das Ganze wird von einem schöpferischen Potenzial – viele nennen es „Göttlicher Urgrund“ – gedacht, geschaffen und durchdrungen. All diese Gedanken bereiten nach meiner Ansicht der Lehre Jesu keinen Abbruch. Wir müssen von ihm keine Göttlchkeit verlangen, sondern wir sollten den Sinn seiner Lehre verstehen und unser Leben entsprechend gestalten: In Liebe und Mitgefühl zur ganzen Schöpfung. Das sehe ich als Weg der spirituellen Befreiung.

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