Vorab muss ich dir sagen, ich bin kein besonders gläubiger Mensch und schon gar kein Christ, der die Bibel in- und auswendig kennt. Und das, obwohl ich mich jahrzehntelang für Religionen interessiert habe und viele Bücher von Karl-Heinz Deschner und Eugen Drewermann gelesen habe. Über viele Jahre hinweg war mein Interesse nur ein intellektuelles.
Aber dann bekam ich durch Gespräche mit einer Freundin – die nebenbei auch nicht besonders gläubig war und ist – ein völlig neues Bild auf die Religionen, im Speziellen auf die christliche. Mein neues Buch, das ich in Zusammenarbeit mit dieser Freundin schrieb, erzählt, wie sie sich verliebte und ihr das anfangs überhaupt nicht in den Kram passte. Um sich abzulenken, nahm sie sich eine Bibel vor und formulierte die Genesis und die Offenbarung etwas um. Und nur kurze Zeit später musste sie sich ernsthaft fragen, ob sie mit diesem Text vielleicht einen Blick in ihre persönliche Zukunft geworfen hatte.
Viel später erfuhr sie dann tatsächlich, dass dieses Umformulieren eine tiefenpsychologische Exegese war. Und auch der schon erwähnte Eugen Drewermann befürwortete eine Annäherung von Religion und Psychoanalyse. Dafür gäbe es einige gute Gründe.
Bibel oder was?
Die Psychoanalyse nämlich lässt dich Einsichten über dich selbst entdecken, die zwar in der Bibel zu lesen sind, aber durch die jahrtausendelange ausschließlich theologische Interpretation verschüttet wurden. Darüber hinaus hat uns erst die Tiefenpsychologie wieder an den Begriff der Sünde erinnert: Nämlich im Sinn der Entfremdung des Menschen von seinem Wahren Selbst.
All die Dämonen und Teufel, die die Bibel ja so ausführlich thematisiert, lässt dich die Tiefenpsychologie als Schatten in dir selbst entdecken, sozusagen als deine ´Leichen im Keller´. Und wenn du nun – wie meine Freundin es tat – Begriffe wie ´Gott´ oder ´Jesus´ einfach mal mit ´Liebe´ übersetzt, wirst du staunen, welch ein Schuh daraus wird. Ein Schuh nämlich, der bei näherem Hinsehen nicht nur dir und mir, sondern jedem von uns passt!
Und nicht zuletzt lehrt uns nicht nur die Bibel, sondern eben auch die Tiefenpsychologie, welche Kraft in der Vergebung steckt: In der Vergebung uns selber gegenüber. Denn diese Vergebung vergleicht meine Freundin in unserem Buch mit dem Hinabsteigen in den Keller und dem Hervorzerren der Leichen hinauf ans Tageslicht. Dort wirst du nämlich feststellen, dass die fürchterlichen Leichen, vor denen du dich lebenslang gefürchtet hast, nichts als Schatten sind, die eigentlich überhaupt nicht existieren.
Bibel ganz modern
Nun zur näheren Verdeutlichung hier ein paar entsprechende Zitate aus unserem Buch:
„Am Anfang schuf sich der Mensch durch Gedanken und Gefühle sein Leben. Aber dieses Leben war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe, aber der Geist der Liebe war darin.
Und der Mensch sprach: Es werde Licht. Und es ward Licht. Und der Mensch sah, dass das Licht gut war. Da schied der Mensch das Licht von der Finsternis.
Und nannte das Licht Liebe und die Finsternis Unwissenheit. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag. …
Siehe, die Liebe kommt mit den Träumen, und es werden sie sehen alle Augen, und auch die sie verraten haben, und es werden heulen alle Geschlechter.
Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, spricht die Liebe, die da ist, und die da war, und die da kommt, die Allmächtige. …“
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