Theater von und für Mäuse

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Diese Geschichte über Mäuse klingt wie ein Märchen, aber sie ist genauso passiert. Es war einmal ein Mann, der ein extrem erfolgreiches Business leitete. Jahrzehntelang hetzte er von Termin zu Termin und hatte nichts Anderes im Kopf, als seinen Erfolg auszuweiten. Für Privates hatte er schon seit langem keine Zeit mehr. Und so kam es, wie es kommen musste: Seine Frau verließ ihn bei Nacht und Nebel, und auch seine Kinder verließen ihn. Denn auch um die hatte er sich all die Jahre nie richtig gekümmert … Ja, er hatte sich nicht einmal für sie interessiert.

Nun war er ganz allein, und trotz aller geschäftlicher Erfolge hatte er auch keine rechte Freude mehr. Besonders, als er feststellte, dass sämtliche Menschen, die er als seine Freunde gesehen hatte, nur Geschäftsfreunde waren. Und so fiel er in ein tiefes dunkles Loch, das du auch als Depression oder Burnout bezeichnen kannst. In dieser Situation war er schon soweit, dass er nicht mehr leben wollte.

Es dauerte eine gewisse Zeit, bis er sich besonnen hatte. Er verkaufte seine Firma mitsamt der Luxus-Villa und schenkte den Erlös seiner Frau, von der er seit kurzem geschieden war. Mit nicht viel mehr als er am Leib trug, machte er sich in sein neues Leben auf. Per Anhalter und zu Fuß reiste er von Ort zu Ort. Aber nirgends war etwas, was ihn zum Bleiben überreden konnte. Er verbrachte er seine Nächte unter freiem Himmel oder in verlassenen Scheunen, und langsam verging der Sommer. Der Mann wusste, im Winter würde er dieses Leben nicht mehr fortsetzen können.

Und so machte er sich auf die Suche nach einer festen Bleibe. Der Zufall wollte es, dass er in eine Stadt kam, in der er ein verlassenes Grundstück fand. Dort standen alte Bauwägen, um die sich wohl ebenfalls schon länger niemand mehr gekümmert oder Bedarf angemeldet hatte. Er übernahm also einen solchen Bauwagen als Winterdomizil und richtete sich häuslich ein.

Mäuse als neue Freunde

In der ersten kalten Nacht wachte er auf, weil er ein Klopfen hörte. Und als er sich umsah, bemerkte er draußen vor dem Fenster eine Maus. Sie hatte sich auf die Hinterpfoten gestellt und klopfte mit ihren Vorderpfoten gegen sein Fenster. Der Mann öffnete ihr die Tür, und sie spazierte wie selbstverständlich herein. Und ebenso selbstverständlich teilte der Mann sein letztes Brot mit dem Tier, das sich bald darauf zufrieden in seinem Bett zu seinen Füßen kuschelte und einschlief.

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Am nächsten Morgen glaubte der Mann, sein Gast würde wohl wieder verschwinden und nicht mehr wiederkommen. Aber weit gefehlt. Denn es verging kaum eine Stunde, und die Maus stand wieder vor seiner Tür. Aber sie war nicht mehr allein, denn sie hatte an die Zwanzig ihrer Artgenossen mitgebracht. Der Mann lachte und bat die Herrschaften zu sich herein.

Nun wollte der Mann natürlich nicht, dass seine Gäste vor lauter Langeweile seine wenige Habe anknabberten. So suchte er nach Gegenständen, mit denen die Mäuse spielen konnten. Und schon bald sprangen sie über Kochlöffel, die er in immer größerer Höhe befestigte. Er bemerkte, wie viel Freude die Tiere an diesem Spiel hatten und wusste, dass sie wohl den Winter über bleiben würden.

Auf dem weitflächigen Areal fand er einige Styroporklötze, die er kurz entschlossen in sein Domizil trug. Die Mäuse übernahmen sie sofort, nagten Löcher hinein und schufen Höhlen und Labyrinthe im Inneren der Klötze. Nach einiger Zeit stellte er fest, dass sich die Tiere vermehrt hatten, und nun war kein Platz mehr in seinem Wagen. So zog er noch einmal los, um ein stabiles Netz zu besorgen.  Mit diesem und einigen stabilen Pfählen zog er einen Zaun um seinen Bauwagen. Als die Mäuse sahen, was der Mann da draußen für sie vorbereitet hatte, stürmten sie freudig hinaus.

Von Mäusen lernen

Nun verging einige Zeit, und der Mann realisierte, dass die Mäuse sich plötzlich nicht mehr vermehrten. Klar, der Platz war begrenzt! Und auch Futter konnte er schließlich nicht in endlosen Mengen besorgen. So blieb die Population seiner Mäuse in einem Rahmen, in dem es allen gut gehen konnte.

Wie klug waren diese Tiere, und wie dumm muss der Mann den Menschen nennen! Denn der vermehrt sich ohne Rücksicht auf Verluste. Und ohne zu realisieren, dass er auf einem endlichen Planeten mit endlichen Rohstoffen lebt.

Zu diesem Thema passt der älteste Nationalpark Mitteleuropas. Von Anfang an war hier die Jagd verboten – die Natur sollte sich ohne Engriffe des Menschen frei entwickeln können. Dieses bemerkenswerte Experiment wird seit über hundert Jahren wissenschaftlich begleitet und dokumentiert. So wird zum Beispiel wissenschaftlich untersucht, warum die Zahl der Tiere, wie zum Beispiel der Gemsen, trotz Jagdverbot nicht ansteigt. Von dem Mann aus meiner Geschichte könnten diese Wissenschaftler Einiges lernen!

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