Der Mensch der Zukunft

mensch der Zukunft

Eigentlich sollte man meinen, dass die vielen Kriege der letzten Jahrtausende im menschlichen Bewusstsein endlich etwas zum Besseren bewegen. Aber das Gegenteil scheint der Fall zu sein:

  • Menschliche Beziehungen werden immer kälter.
  • Die Menschen werden ausgebeutet und mit Shopping, Porno und seichter  Unterhaltung in Schach gehalten.
  • Die Kirchen reformieren nur noch ihren eigenen Dunst.
  • Sämtliche Regierungen, Schulen und Maschinen zerbrechen uns, und wir erfinden immer neue Spielarten des Menschen.

Manche meinen gar, dass sie aus diesem Kreislauf heraus kommen können,  wenn sie das alte System umfunktionieren. Und ist es nicht bezeichnend für unsere Zivilisation: Wir haben den Mond betreten und wollen nun auch den Mars erobern, aber wir kennen weder unser eigenes Herz noch den Sinn unseres Lebens. Immer noch befindet sich die Menschheit noch nicht auf der Stufe, auf der die entscheidende Wandlung zur spirituellen Gesellschaft stattfinden kann.

Aber dann kam einer, der einen Weg zeigte. Sein Name war Sri Aurobindo. Er wurde am 15. August 1872 als Sohn eines Arztes in Kalkutta geboren und wuchs mit seinen drei Brüdern in London auf. 1893 kehrte er schließlich nach Indien zurück. Er war in der politischen Unabhängigkeitsbewegung aktiv und wurde 1908 zusammen mit anderen Revolutionären verhaftet. Das Gericht sprach ihn aber frei.

1910 muss Sri Arobindo erneut vor einer Verhaftung in ein französisch besetztes Gebiet Indiens fliehen. Dort entwickelte er den Gedanken der Entwicklung des menschlichen Wesens zu einem supramentalen Wesen, ähnlich dem Übermenschen eines Friedrich Nietzsche. Dieser Übermensch als Mensch der Zukunft sollte aber nicht über andere Menschen herrschen, sondern durch die Enthüllung seines Wahren Selbst in sich selbst die Erfüllung finden.

Um diese Veränderung möglich zu machen, musste versucht werden, eine Umgebung zu schaffen, in der sich der Geist manifestieren kann, damit sich das Leben nach ihm richtet. Ein solcher Versuch wurde vor inzwischen 50 Jahren in einem Ashram gestartet, der heute als Auroville bekannt ist. Anfangs waren es nur wenige, die sich um die Französin Mira Richard, die Mutter, scharrten und in einer brachliegenden Gegend die Grundpfeiler einer Stadt errichteten, die heute circa 20 Quadratkilometer groß ist.

Mensch der Zukunft: Ein Experiment

Auroville versteht sich als das erste Laboratorium, das den Mensch der Zukunft erschaffen soll. Es ist ein Ort, an dem die Gegensätze des modernen Gesellschaftssysteme verschwinden. Um den Drang nach Privatbesitz und Macht Ausübung durch Besitz gar nicht erst entstehen zu lassen, spielt Geld hier nie eine Rolle als Statussymbol. Schließlich hat das absolute Freiheitsideal für Besitzstreben keinen Platz. Dennoch gibt es in Auroville sehr wohl wissenschaftlichen Fortschritt und Technologie, die das Leben erleichtert. denn Auroville ist kein Ort für Asketen, sondern eine Stadt für jeden, der mit ehrlichem Herzen dem Leben auf der Erde mit geistigen Mitteln eine vollkommen neue Richtung geben möchte.

Natürlich gab es keine Garantie dass die Entwicklung ohne Explosionen vor sich gehen wird. Das Leben in der menschlichen Gesellschaft, deren Hauptanliegen die individuelle Verwirklichung des Einzelnen ist, deren Verwirklichung aber wiederum in einer den neuesten technischen Anforderungen entsprechenden Umgebung stattfinden soll, kann sich nicht in den herkömmlichen Grenzen abspielen.

Mira Richard, die Lebensgefährtin Aurobindos und Leiterin des Ashrams, die Mutter, drückte ihre Vorstellungen von einer solchen Stadt so aus: „Irgendwo auf der Erde sollte es einen Ort geben, von dem keine Nation sagen kann, dieser Ort gehört uns. Einen Ort an dem jeder gutwillige Mensch mit einem aufrichtigen Vorhaben als Weltbewohner frei leben kann und nur einen einzigen Autorität folgen muss: Der höchsten Wahrheit. Ein Ort des Friedens der Eintracht und der Harmonie, wo alle kriegerischen Instinkte des Menschen nur dazu benutzt werden, um die Gründe seines Leidens und seines Elends zu besiegen, um seine Schwächen und seine Unwissenheit zu überwinden, um über seine Beschränkungen und Unfähigkeiten zu triumphieren.

Hier können die Kinder aufwachsen und sich voll entwickeln, ohne den Kontakt mit ihrer Seele zu verlieren. Die Bildung wird nicht mit dem Gedanken daran erfolgen, Prüfungen zu absolvieren oder Zeugnisse zu bekommen, sondern um die vorhandenen Fähigkeiten zu verbessern und um neue Fähigkeiten erzeugen zu können. An diesem Ort werden die Titel und Positionen von Gelegenheiten zum Bedienen und Verbinden ersetzt. Es  wird in gleicher Weise für die körperlichen Bedürfnisse gesorgt werden. Und die intellektuelle, moralische und spirituelle Überlegenheit findet in der allgemeinen Organisation, in der Vergrößerung der Pflichten und der Verantwortung ihren Ausdruck und nicht in einer Vermehrung der Vergnügungen und der Lebensbedürfnisse.

Die Schönheit mit ihren künstlerischen Ausdrücken – Malerei Bildhauerei,  Musik und Literatur – ist für jedermann zugänglich. Die Möglichkeit, an diesen Freuden teil zu haben, erfährt lediglich durch die Aufnahmefähigkeit des Einzelnen und nicht durch seine soziale oder finanzielle Lage eine Begrenzung. So ist an diesem idealen Ort das Geld nicht mehr der Alleinherrscher, denn der individuelle Wert ist von sehr viel größerer Wichtigkeit als materieller Reichtum und die soziale Position.

Arbeit wird für den Mensch der Zukunft nicht ein Mittel sein, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, sondern ein Mittel, um sich auszudrücken, um seine Fähigkeiten und versteckten Möglichkeiten zu entdecken. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Auroville ein Ort ist, an dem der Konkurrenzkampf durch echte Brüderlichkeit und Zusammenarbeit ersetzt wird. Die Erde ist nicht bereit, ein derartiges ideal zu verwirklichen, weil die Menschheit wieder das notwendige Bewusstsein besitzt, um es zu verstehen, noch die unerlässliche bewusste Kraft, um es auszuführen. Deshalb muss es ein Traum bleiben.

Aber seit dem 28. Februar 1968 wird daran gearbeitet, diesen Traum zu verwirklichen. Hauptbeteiligte sind der Sri Aurobindo Ashram, die UNESCO und die neuen Bürger Aurovilles. Das Gebiet, indem die Stadt gegründet wurde, liegt einige Kilometer nördlich von Pondicherry im indischen Bundesstaat Madras an der Koromandelküste. Damit die Nachteile überfüllter Städte vermieden werden, soll die oberste Grenze der Einwohnerzahl bei 50.000 liegen.

Um Bürger dieser Stadt werden zu können, gab es keine äußerlich  messbaren Voraussetzungen. Jedermann ist so lange erwünscht, wie er sich mit dem universalen Ideal verwandt fühlt. Es gibt keine Schranken der Rasse, des Lebensstils oder der Glaubensbekenntnisse. Auroville ist der Sitz der materiellen und spirituellen Suche nach einer lebendigen Verkörperung der nötigen menschlichen Einheit. Und da jeder Mensch auf der Suche nach seinen eigenen höchsten Möglichkeiten ist, gibt es hier keine organisierte Religion. Jeder Mensch hat seine eigene Religion entwickelt, denn Auroville ist eine Stadt der Evolution.

Hier muss sich jeder für seine Taten selbst verantworten. Die Grenzen  innerhalb der Gemeinschaft sind weitreichend und großzügig. Und wenn jemand zu zerstörerisch ist, wird er aus Auroville verbannt. Hier hat jeder die Freiheit die Arbeit seiner Wahl auszuüben, es gibt keinen einheitlichen Lebensstil. Die Menschen werden die Arbeit, die Kleidung, die Ernährung, den Sport und die Unterhaltung wählen, die ihnen am besten dient.

Bildungseinrichtungen sind in der Tat universal. Es sind Zentren, in denen der Jugend geholfen wird, sich selbst zu Bürgern einer sich entwickelnden Welt neu zu entfalten. Für Krankheiten der Menschen gibt es aber auch in Auroville keine fertigen Lösungen.

Die reine Freiheit dieser Stadt scheint Probleme aufzuwerfen, die es an anderen Orten nicht gibt. Die Arbeitsbedingungen waren hier schwierig:

  1. wegen der Lage
  2. weil die ganze Stadt ja ein einziges Experiment ist.

Aber trotzdem entstand diese Stadt aus den Anstrengungen ihrer Pioniere. Und auch in Zukunft wird Auroville von diesen Menschen der Zukunft all das verlangen, was sie an Anstrengungen, Beharrlichkeit, Reichtum und Enthaltsamkeit beisteuern können. Heute existiert Auroville als Modellstadt, in dem die ersten Schritte zur Verwirklichung der Stadt des Lichts gemacht werden. Viele Menschen aus aller Herren Länder arbeiten an den verschiedensten architektonischen, technischen und agrikulturellen Aufgaben.

Dennoch maßt sich Auroville nicht an, die Lösung für alle Probleme der Menschheit zu bieten. Sein embryonaler Zustand lässt aber hoffen, dass eines Tages alle Städte der Welt solche Ashrams sein werden. Hier können die Menschen untereinander eine Einheit bilden und jeder mit seiner Umgebung und schließlich mit den Kräften des Universums  vereint sein.

2 Gedanken zu „Der Mensch der Zukunft“

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